Franziska Fischer

*1968 | Wien [AT]

Für ihre Arbeit versorgte sich Franziska Fischer mit Material aus den umliegenden Wäldern nahe des Böhmischen Praters in Wien. Dort suchte und fand sie Holz, Astwerk, Federn und Steine. Auf ihren Streifzügen sammelte sie hauptsächlich Weggeworfenes, Abgestelltes oder Verlorenes, wie Kleidungsstücke, Haushalts- und Elektrogeräte, Spielzeug- oder Möbelteile.

Sie brachte auch Alltagsgegenstände aus ihrem privaten Umfeld ins Atelier. Puzzles, Stofftiere, Puppen und Spielzeugreste, Poster, Zeitungen und Magazine, Bälle, Deko- und Bastelmaterial, Kartoffelnetze oder Geschirr. Im Atelier selbst fand sie Styroporreste, Verpackungsmaterial, Schnüre und Klebebänder aller Art, Tapetenkleister, Karton, Wandfarbe, Gips, Ton, Beton oder Stoffreste.

Fischer überprüfte das Material auf seine Teilbarkeit. Ohne sich fix an Sollbruchstellen zu orientieren, zerpflückte, zersägte, zerschnitt und sezierte sie es. Ihre Materialaufbereitungen hatten Laborcharakter, etwas Performatives mit dem unbedingten Ziel, die Gegenstände umzuwidmen, ihnen neue Eigenschaften zu verleihen. Es sind Zeugnisse einer radikalen Aneignung und Ästhetisierung alltäglichster Partikel ihrer Umwelt, alchemistisch wirkende Prozesse, bei denen sie trivialen Substanzen durch ihren Eingriff einen eigenen Zauber, einen höheren Wert zuschrieb.

So weichte sie hunderte Puzzlestücke in einem Wassereimer ein, nur um ihnen einzeln die Fotoschicht abzuziehen. Einen Fußball ummantelte sie dünn mit brüchigem Ton, Ostereier entkitschte sie mit buntem Isoliertape, einen Tretroller klebte sie auf Karton, Kuscheltiere häutete sie, um aus dem Innenleben Wolken zu formen.

Fischer verwendete Klebstoffe, Tape und Schnüre, um die Fragmente neu zu konfigurieren. Stückweise entstanden so über die Jahre fragile Collagen, Assemblagen und Objekte. Auch die von ihr geschaffenen fertigen Artefakte stellte sie zur Disposition. Einiges behielt sie, vieles entsorgte sie früher oder später. Fischer arbeitete zunächst prozessorientiert. Mit der Zeit umgab sie sich an ihrem Atelierplatz aber mit ihren Objekten, ballte sie und definierte mit ihnen den Raum, in dem sie sich befand. Dieser wurde fortan zu einem sich im steten Wandel befindenden Projekt, halb Atelier, halb dem Publikum zugewandtes künstlerisches Environment. Fischer nannte es „Märchenhaus“. Aber auch diesem Begriff nahm sie durch ihre formale Interpretation seine Konventionen.

Franziska Fischer begann 2012 mit ihrem Einstieg ins Atelier 10 auch erstmals mit ihrer freien künstlerischen Arbeit. Sie war zu diesem Zeitpunkt 44 Jahre alt. Nach neun Jahren im Atelier 10 musste sie sich aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig von ihrer Tätigkeit zurückziehen.

Franziska Fischer

Video | Ausstellungs-Aufbau / Atelier 10 / 2015 / 2:06 Min.

Franziska Fischer baut in Kooperation mit dem Kurator*innen-Team über einen Zeitraum von ca. 5 Wochen ein temporäres Environment in die Galerie des Atelier 10.
Das Environment wurde anlässlich der Ausstellung Fischer und Schlifke erstellt und wurde am 8. Oktober 2015 eröffnet. 
© Atelier 10

Ausstellungen
Permanent ausgestellt im Atelier 10
2024  › Bartwechsel | Atelier 10 / Wien [AT]
2023  › facelift | Atelier 10 / Wien [AT]
2018  Kaputt | Neulich an der Salzach, Galerie Ebensperger / Salzburg [AT]
2015  Fischer und Schlifke – Environment vs. Malerei | Atelier 10 / Wien [AT]

Publikationen | über Franziska Fischer
2022  › Atelier 10 - now we are ten | Katalog, Atelier 10 [Hrsg.] / Verlag für moderne Kunst, Wien [AT]

 

 

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