Herbert Neuhauser
*1959 | Lenzing / †2024 | Wien [AT]
Neuhauser war Zeichner. Neuhauser zeichnete schon immer, sei es berufsbedingt als Architekt oder früher, in seiner spärlichen Freizeit, in Skizzenbücher; mit Vorliebe Landschaftsstrukturen oder Gebirgsformationen. Tatsächlich hatte Neuhauser immer einen Stift zur Hand, um jederzeit zu skizzieren und zu entwerfen.
Herbert Neuhauser, 1959 im oberösterreichischen Lenzing geboren, erlitt 2006 einen ersten Schlaganfall und musste seine Arbeit als Architekt aufgeben. So abrupt, wie er sich in einer Situation starker körperlicher Beeinträchtigung und existenzieller Versehrtheit wiederfand, so verblüffend war sein ungebrochen energischer Gestaltungsdrang. Zudem vollzog sich ein Wandel in Neuhausers Zeichenstil, der nicht nur sein privates Umfeld, sondern vor allem ihn selbst überraschte.
Die Qualität seines Striches und seines Abstraktionsvermögens sowie die Mühelosigkeit, immer neue Inhalte zu generieren und zu variieren, hatten sich sprungartig erweitert. Beinahe spielerisch gelangte er zu seinen Themen, überarbeitete bedenkenlos ältere Zeichnungen, eichte sie neu, gab ihnen eine andere Balance und experimentierte mit Motiven und Techniken. Dabei hatte er durch seine neurologische Beeinträchtigung keine seiner früheren sachlich-darstellerischen Fähigkeiten verloren – es interessierten ihn mittlerweile vielmehr die Abwandlungen und Zerrbilder von Landschaften, Figurationen und Architekturen. Neuhauser arbeitete mit seiner trainierten Fertigkeit, Stofflichkeiten wiedergeben zu können, er konstruierte weiterhin Gebilde und positionierte sie eigenwillig im Raum, er reduzierte Körper auf ihre Kontur, füllte sie an anderer Stelle sanft und monolithisch oder schmückte scheinbar Beiläufiges wie seine Signatur ornamental aus.
Soweit es ihm möglich war, befasste sich Neuhauser mit zeitgenössischer Kunst, bediente sich vereinzelter Versatzstücke und gab sie wieder, zitierte sie. Er blieb aber mit seiner eigenen Form des Eklektizismus insofern auf Distanz zu fremder Kunst, als dass er sie nur beim Namen nannte, um, wie nach einem Ausflug, stets zur ureigenen, unprätentiösen, bisweilen archaisch wirkenden Formensprache zurückzukehren.
Neuhauser arbeitete in der Vergangenheit zumeist auf kleinen bis mittleren Formaten. Eine Zeit lang verwendete er Blei- und Farbstifte, Kugelschreiber, er collagierte, überzeichnete Fotografien und Alltagsmaterial wie Kalenderblätter.
In den letzten vier Jahren seines Lebens ging er dazu über seriell zu arbeiten und täglich jeweils ein Bild in ein Zeichenbuch zu machen. Das genaue Datum wurde, wie zuvor schon seine Signatur, Teil der Bildgestaltung. Wenn er eine Zeichnung aus Zeit- oder Energiegründen nicht beenden konnte, begann er am folgenden Tag eine Neue. Die Arbeiten wurden durch die Verwendung von Gel-Tintenroller farbintensiver und es entstand eine umfassende Serie 25 x 25 cm großer, v. a. in rot gehaltener, Zeichnungen.
Man kann bei dieser Serie von Ich-Konstruktionen sprechen, weil sich Neuhauser meist selbst porträtierte. Neuhauser kokettierte dabei zeichnerisch mit Eselsohren, mit Nacktheit, dem Herbert ohne `t´ in der Signatur und den Initialen NH, die er häufig als Krönchen auf seinen Sturzhelm montierte. Neuhauser zeichnete sich selbst, als Teil eines Organismus´ aus Strängen, Stützen und Ornamenten, mit Attributen seiner direkten Umgebung, mit maskenhaften Gesichtern wie aus einer fremden Ikonenwelt, mit orthopädischen Schuhen, mit einer funktionierenden Körperhälfte - und der anderen. Eine Zeit lang arbeitete er auch als Reminiszenz die Typografie des von ihm verehrten Designers Herbert Bayer ein.
Herbert Neuhausers anfängliche Versuche, das Atelier 10 als Arbeitsstätte zu nutzen, scheiterten aus gesundheitlichen Gründen. 2014 erlitt er einen weiteren Schlaganfall. Neuhauser lebte und arbeitete in den letzten Jahren seines Lebens in einem Pflegewohnhaus in Wien.
Einzelausstellung
2024 › PARALLEL VIENNA | Project Statement, Otto-Wagner-Areal / Wien [AT]
2017 › Herbert Neuhauser – Zeichnungen | Georg Kargl Permanent / Wien [AT]
2012 Neuhauser Herbert | Ausstellungsevent, Atelier 10 / Wien [AT]
2012 Neueuheer | Ausstellungsevent, Atelier 10 / Wien [AT]
Ausstellungsbeteiligungen
Permanent ausgestellt im Atelier 10
2023 › facelift | Atelier 10 / Wien [AT]
2023 › Borderline | Les funambules du langage | Galerie Arthur Borgnis | l'Appart Renoma | Paris [FR]
2022 › unstatic stories | Atelier 10 / Wien [AT]
2016 › Drawing Ten | Atelier 10 / Wien [AT]
2014 › Trafic – Zeit braucht Weile | Atelier 10 / Wien [AT]
2014 Neuhauser Herbert | Ausstellungsevent, Brüsslgasse / Wien [AT]
2013 › Kleibel Neuhauser Polacek | Atelier 10 / Wien [AT]
2012 › Veränderung an allgemeinen Teilen | Atelier 10 / Wien [AT]
Publikationen über Herbert Neuhauser
2022 › Atelier 10 - now we are ten | Katalog, Atelier 10 [Hrsg.] / Verlag für moderne Kunst, Wien [AT]
Ausbildung
1978–1987 Studium der Architektur | TU Wien [AT]
Berufspraxis | Architektur
1993 – 1996 Gastassistent | TU Wien / Institut für Wohnbau
1987 Architektur-Gemeinschaft | Office Heidecker Neuhauser / Wien [AT]
Auszeichnungen
2008 Nominierung Ernst A. Plischke Architekturpreis | Projekt WHA Gschwandtnergasse / Wien [AT]
1996 Adolf Loos Medaille | Adolf Loos Architekturpreis, Projekt Interkulturelles Wohnen / Wien [AT]
1992 1. Preis Wettbewerb Wohnbebauung Timelkam-Ader / Timelkam [AT]
1984 2. Preis Wettbewerb Wohnen und Stadterneuerung / Wien [AT]
1984 Talentförderungsprämie für Architektur / Land Oberösterreich [AT]
1983 Anerkennung Wettbewerb Kleine Form
1982 Prolegomena-Preis | TU Wien [AT]
Partner | auch vertreten von
› Galerie Arthur Borgnis [FR]